Kein Kochbuch Kochbuch: 
Rice Paddy Gourmet

Ich mag Bücher lesen. Als ich klein war habe ich sie regelrecht verschlungen; konnte einfach nicht aufhören;  habe – wie wahrscheinlich viele Kinder – auch gerne mal heimlich die halbe Nacht mit der Taschenlampe unter der Decke gelesen. 

Das – und noch so manch anderes – änderte sich abrupt als meine erste Tochter geboren wurde. Plötzlich Mama und die vielen durchwachten Nächte forderten ihren Tribut. Immer wieder fielen mir an der gleichen Stelle die Augen zu. Immer wieder vergaß ich was ich schon gelesen hatte, immer wieder fing ich von vorne an. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, gab auf und kaufte mir die Kurzgeschichten von Juan Moreno, der früher jede Woche die gleichnamige Kolumne ‘Von mir aus’ in der Süddeutschen Zeitung geschrieben hat. Keine Geschichte war länger als zwei Seiten und damit schaffte ich es gerade sie zu beenden bis ich für ein paar Stunden in einen wohlverdienten, tiefen Schlaf fiel. Perfekt!

Eine kulturelle Rundreise durch Japan auf 275 appetitanregenden Seiten

Meine Mädchen sind heute zwar alle älter aber dafür mehr und mit allem was sich sonst so täglich auf meinem Schreibtisch sammelt, komme ich so spät ins Bett, dass Schlagermattung jeden Gedanken an ein Buch im Keim erstickt. Kurzgeschichten sind damit weiterhin mächtig en vogue und eine willkommene Möglichkeit mich wenigstens ein bisschen an literarischen Kompositionen zu erfreuen. Eins meiner Favoriten dafür stelle ich Euch heute vor:

Rice Paddy Gourmet von Joan Itoh (ISBN Nr. 9784789000406)

Passend zur Feriensaison habe ich heute ein nicht-Kochbuch Kochbuch für Euch. Ein Kochbuch das eigentlich eine Sammlung von Kurzgeschichten über alltägliche Kultur und Kuriositäten im ländlichen Japan der 60er und 70er Jahre ist. Wobei der Zeit eigentlich keine Bedeutung zukommt, denn vieles von dem was Joan Itoh beschreibt kommt mir auch aus ‘meiner Zeit’ sehr bekannt vor.

Zeichnung aus Rice Paddy Gourmet von Daikon der zum Trocknen Aufgegangen ist
Daikon aufgehängt zum trocknen in der Sonne auf meiner Terrasse im Herbst letzten Jahres

Japanische Rezepte für alle Jahreszeiten

Joan Itoh ist eine New Yorkerin, die aus Liebe zu ihrem zweiten Ehemann ins ländliche Niigata gezogen ist. Sie hat einige Jahre für die Japan Times geschrieben und dann 1976 Ihr Buch Rice Paddy Gourmet herausgebracht. Sie nimmt ihre Leser  mit heiteren Kurzgeschichten durch die Jahreszeiten. Jede erzählt ein kleines Stück ihres Alltags,  von kulturellen Gegebenheiten und Erlebnissen und führt gleichzeitig inhaltlich auf zumeist landestypische Gerichte hin, deren Zutaten und Zubereitung auch kurz beschrieben werden. Detailliert genug zum sie Nachkochen – von daher ist es schon ein Kochbuch, aber eben auch nicht, denn irgendwie schafft Joan Itoh es Kochen zum Protagonisten und gleichzeitig zur Nebensache werden zu lassen. Hie und da verfällt sie ihren Amerikanischen Wurzeln und teilt das eine oder andere Rezept von dort, was aber deutlich die Ausnahme ist. 

Rice Paddy Gourmet  ist – wie Ihr Euch vielleicht denken könnt schon lange  ‘out of print’. Meine Ausgabe ist die von 1976. Das Cover der späteren Ausgaben, die man durchaus noch kaufen kann (zugegeben im Moment zu recht stolzen Preisen) sieht etwas anders aus, was aber dem Inhalt keinen Abbruch tut.

In Summe ist Rice Paddy Gourmet eine charmante Verbindung von zwei kulinarischen und zwei kulturellen Welten – nicht als Fusion, sondern als harmonische Koexistenz. Unterhaltsam, kurzweilig, appetitanregend und  – für die, die sich nach dem Tag am See doch am Herd versuchen möchten – sehr lecker.

Ich nehme mir vor jede Woche ein Japanisches Kochbuch vorzustellen, verspreche sicherheitshalber aber lieber nichts. Wer keins verpassen möchte meldet sich am besten für den Newsletter an.

Tsukemono: Japanisch eingelegtes Gemüse

Sommer ist die Hochsaison für Tsukémono da es in dieser Zeit einen wundervollen Reichtum und Vielfalt an Gemüse gibt. Ich gebe zu, dass sich 35°C wie Sommer anfühlen, aber was das Einlegen anbetrifft hättet ihr noch genügend Zeit Euch meinen Buchtip für diese Woche zuzulegen, bevor es richtig losgeht. 

Tsukemono – Japanese Pickled Vegetables von Kay Shimizu
(ISBN 087040 – 910-7), Erscheinungsjahr 1993. 

Buchcover Tsukemono von Kay Shimizu

Japanische Fermente mit Großmutters Rat

Mir gefallen an diesem Buch mehrere Aspekte: Die Rezepte werden nach Jahreszeiten unterschieden und nach Fermenten für das ganze Jahr. Kay Shimizu gibt zwar an, dass er traditionelle Rezepte dem westlichen Geschmack angepasst hat, aber davon sollte man sich weder abschrecken lassen noch es zu ernst nehmen. Insbesondere weil grundsätzlich immer mehrere Wege nach Rom führen und es eben weder nur die eine Art noch die einzig richtige gibt Fermente herzustellen – ähnlich wie es wahrscheinlich genau so viele typische Misosuppen in Japan gibt, wie Haushalte. Also da mache ich keine Abstriche.  Einen kleinen Maluspunkt muss sich Herr Shimizu gefallen lassen weil er – zugegeben sehr selten aber trotzdem vorhanden – MSG hie und da als optionale Zutat angibt, wovon ich a) gar nichts halte und b) das in traditionellen Rezepten nichts zu suchen hat. Das macht er aber damit wett, dass er zusätzlich zu den Rezepten einen Schritt weiter geht und so manche Probleme schildert, die auftreten können und auch wie man ihnen begegnen kann. Viele Fragen, die ich immer wieder in meinen Kursen gestellt  bekomme, Wissen, Tips & Tricks, die nicht unbedingt sehr weit verbreitet sind und die man in de Regel wohl entweder von seiner Oma lernt  – sofern sie Japanerin ist  -oder wie ich von seinem Sensei. Was ja irgendwie ähnlich. ist :-).

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Umeboshi Selber machen? So geht’s!

Eine Mischung aus Dingsda, kindlicher Phantasie und ein bisschen Fiktion.  Jedes Jahr wird in der Klasse meiner ältesten Tochter ein Familienmitglied mit Kinderaugen beschrieben. Unzensiert, ohne Anspruch auf irgendeinen Wahrheitsgehalt und nicht immer vorteilhaft.  Dafür fast immer spaßig – zumindest für die anderen…  ab und an aber auch mit Details, die weder den beschriebenen Personen angenehm sind, noch denen, die nach dem Lesen darüber Bescheid wissen. Wir kamen vergleichsweise glimpflich davon – geradezu schon spiessig und langweilig, denn laut unserer Tochter gehört eine lästige Tätigkeit zu unserem Hobbies: Rasen mähen. Aber nach der Lektüre der Beschreibungen meiner ‘Leidensgenossen’ war ich irgendwie froh spiessig zu sein. 

Am Wochenende war es mal wieder so weit. Und so begleitete im Hintergrund der Rasenmäher das laute Juchzen der Mädchen, die  fröhlich durch den Rasensprenger hüpften während ich geduldig meine Aprikosen zu ‚Umeboshi‘ verarbeitete. 

Meine Umeboshi werden aus Aprikosen gemacht

Ich gebe nicht auf irgendwann mal echte prunus mume in Deutschland aufzutreiben, aber bis dahin gebe ich mich mit notgedrungen mit Aprikosen zufrieden. Warum? Weil die Ume botanisch gesehen Aprikosen sind und keine Pflaumen, und die hier erhältlichen Aprikosen damit am nächsten dran sind and den Echten. Klar ist das Ergebnis nicht ganz das gleiche, aber für mich nah genug. Insbesondere wenn ich mir die Inhaltsstoffe der meisten hier verkauften Umeboshi anschaue. 

Jedes Jahr wieder um die gleiche Zeit mache ich Platz im Keller. Jedes Jahr um diese Zeit werden Gläser verrückt, umgeschichtet und neu gestapelt. Notwendiges Zubehör wird hervorgeholt und ich gehe mit Adleraugen auf die Suche nach geeigneten Aprikosen, die ich fast schon mit Samthandschuhen anfasse, damit sie keine Druckstellen bekommen. Druckstellen oder Verletzungen der Aussenhaut bieten eine Angriffsfläche für Schimmel und so werden meine Aprikosen sofort in einer Lage ausgebreitet während sie drauf warten weiter verarbeitet zu werden.  Normalerweise brauche ich 10% Salz, 2x das Gewicht der Früchte und ca. sechs Wochen Zeit, aber im Moment fliegen gerade irrsinnig viele Schimmelpilz-Sporen in meiner Küche umher, sodass ich meine erste Charge an selbigen verloren hatte. Also ging ich beim zweiten Versuch  auf Nummer Sicher.

Shochu hält den Schimmel bei Umeboshi im Zaum

Ich habe alle Früchte vor dem Einschichten in einer Mischung aus Shochu und Salz gewälzt. Dies hat mehrere Vorteile. Zum einen wird die Oberfläche desinfiziert und reduziert das Schimmelpilz-Risiko und zum anderen haftet das Salz besser an der Oberfläche der Aprikosen, was die Flüssigkeitsbildung fördert.  Am Ende  habe ich 12% Salz benutzt und pro knapp 2 kg Aprikosen ca. 50-60ml Shochu. Zunächst wurden die Aprikosen gewaschen und gewässert. Nicht lange – ca. 1 Stunde vielleicht – und auch nicht mit der Stoppuhr, den die Aprikosen sind ja nicht bitter. Die Bitterkeit zu reduzieren ist ja der eigentliche Grund, warum Ume gewässert werden. Danach habe ich mit einem Metallspieß (Holz bricht mir zu schnell und die Spitze wird schnell stumpf) gaaaanz vorsichtig den Stilansatz entfernt. Auch wenn nur noch ein ganz bisschen davon übrig war. Da ich dafür jede in die Hand nehme schaue ich gleich mit auf bereits bestehende Druckstellen oder offene Stellen. Alles was nicht 100%ig in Ordnung ist wird aussortiert und kommt auf den Teller für den Nachmittagssnack.

Foto vom letzten Jahr: Abwechselnd Aprikosen und Salz in aufschichten

ZumEinlegen dann das Salz abwiegen und den Shochu sowie ein Gefäß zum Mischen und ein (desinfiziertes) zum Fermentieren bereitstellen. Dann portionsweise arbeiten. Aprikosen mit Shochu und ein wenig Salz in der Schüssel mischen und danach in das Fermentations-Gefäß schichten. Nach jeder Lage etwas Salz obendrauf geben.Wenn alle Aprikosen eingeschichtet sind einen Teller verkehrt herum oder einen anderen, möglichst gerade und flachen Gegenstand oben auf legen, um das Gewicht (2x das Gewicht der Früchte) anschliessend möglichst gleichmäßig zu verteilen. Was ihr als Gewicht nehmt ist eigentlich egal – es sollte aber geschmacksneutral, desinfiziert und Feuchtigkeitsresistent sein, da es nach kurzer Zeit in der Flüssigkeit sein wird.

Das Warten wird belohnt: Umeboshi müssen reifen

Jetzt braucht es dann nur noch Geduld. Binnen drei Tagen sollten die Aprikosen von der entstehenden Flüssigkeit bedeckt sein.

Flüssigkeit nach 24 Stunden

Jetzt lässt man die sie mindestens sechs Wochen an einem kühlen und dunklen Ort fermentieren um sie im Anschluss in der Sonne zu trocknen. Wichtig ist es dabei sowohl auf den Terminkalender als auch auf den Wetterbericht zu schauen. Die Aprikosen werden an drei aufeinander folgenden Tagen zum Trocknen rausgelegt (es sollte also nicht regnen, nachts nicht draussen lassen) und mehrmals am Tag gewendet (man sollte also nicht den ganzen Tag ausser Haus sein). Die fertig getrockneten Aprikosen danach noch mindestens 6-12 Monate reifen lassen (ich lasse von meinen drei Jahre die Finger), bevor Ihr sie esst. 

Rote Shiso Blätter

Rote Shiso Blätter sind nicht zwingend notwendig. Wenn, fügt man sie ca. 1 Woche nach dem Einlegen hinzu. Wenn Ihr wissen wollt, wie ich das mache, dann schaut in ein oder zwei Wochen wieder vorbei oder bestellt Euch den Newsletter, dann werdet Ihr automatisch darüber informiert.